Orchestergeschichte


Im Spätsommer des Jahres 1952 wurde das "Blasorchester Rilchingen-Hanweiler" durch J. Hell und W. Lang aus einer Abteilung des katholischen Kirchenchors Rilchingen-Hanweiler heraus gegründet. Damit wurden die Voraussetzungen für einen eigenständigen Verein gelegt. Spätestens mit dem Dirigenten Werner Grabsch legte der Verein den Grundstock für eine zielgerichtete Steigerung der musikalischen Qualität. Ziel war es, mit professionellen Musikern als Dirigenten zusammen zu arbeiten. Dies gelang vor allem mit Heinz Pfaff, der das Orchester von 1974-1992 leitete und es in die Höchststufe der Amateurensembles führte. Danach leiteten Manfred Neumann, Ulrich Voss und ab 1999 Stefan Ranker das Orchester.

Folgend ein tieferer Einblick in die Vereinsgeschichte, verfasst von unserem Vorstandsmitglied Gerd Ewerling:

 

Gründerjahre

Blasorchester im kath. Kirchenchor

 

Ein Streichorchester in Hanweiler

Der Gedanke im kath. Kirchenchor eine neue Sparte "Musik" zu schaffen kam von dem damaligen 1. Vorsitzenden, Jakob Hell, in den Jahren 1950/51. Er beabsichtigte eine 2. Sparte "Streichorchester" zu gründen und zusammen mit dem Chor bei hohen Festen aufzutreten.

An die Gründung eines Blasorchester wurde zunächst nicht gedacht, da das Musiziern mit Bläsern in der Kirche seitens der Diözese nicht erlaubt war. Andererseits mangelte es nicht an jungen Musikern, die bereits in Ausbildung (Geige) waren.

Für die Leitung eines Streichorchesters fand sich aber kein geeigneter Dirigent. Es gab demnach nur noch eine Alternative: Gründung eines Blasorchesters unter der musikalischen Leitung von Werner Lang.

 

Gründung Blasorchester

So war es möglich, dass im Spätsommer 1952 Kunibert Luck vom Musikhaus FC Louis, Saarbrücken, eigens nach Rilchingen-Hanweiler kam und die erforderlichen Instrumente mitbrachte. Man beschränkte sich auf 6 bis 7 gebrauchte Instrumente, neue konnte man sich in dieser Zeit nicht leisten, denn auch Notenmaterial und sonstige Utensilien mussten angeschafft werden.

Dieser Zeitpunkt des Spätsommers 1952 wird heute als Gründungsdatum angenommen.

 

Choräle und Kameradschaft

Die Auswahl an Musikstücken für Bläser war zu der damaligen Zeit nicht gerade vielseitig. So musste man sich zwangsläufi auf Choräle und wenige konzertante Stücke beschränken. Das Probelokal der Musiker war zunächst das Wohnhaus von Werner Lang.

Die Proben waren nicht auf einen bestimmten Wochentag festgelegt, sondern wurden von Lang nach Bedarf bestimmt. Sein Sohn Peter musste mit dem Fahhrad jeden einzelnen zusammentrommeln. Es war nicht selten, dass die Probe z. B. von 21:00 bis 24:00 Uhr im Wohnzimmer von Langs stattfand.

Neben der Freude an der Musik legte Lang größten Wert auf Präzision und Qualität. So wurden oft kleine Konzertstücke eingeübt, z. B. die "Mignonette".

 

Episoden

Der erste Auftritt der neuen Sparte Blasorchester ließ nicht lange auf sich warten, denn schon wie in den Vorjahren wurde an Heiligabend an verschiedenen Stellen des Ortes Weihnachtslieder vorgetragen.

Unter der Bevölkerung wurde dieser Brauch mit Zuneigung angenommen. Das zeigte sich aus einer Begebenheit, es mag Weihnachten 1953 gewesen sein, als Benno Neumann - damals prakt. Zahnarzt - die ganze Kapelle an Heiligabend zu einem guten Essen bei sich einlud.

Der neue Pfarrer, Johannes Litz, der sich für die Musiker des Kirchenchores immer begeisterte, war von diesem Weihnachtsmusizieren jedoch ganz und gar nicht angetan. Nach einigen Jahren wurden aus diesem Grunde die Auftritte eingestellt.

 

Auch Hausmusik

Die Proben des Orchesters fanden etwa ab 1958 im Gasthaus Recht und später im Gasthaus Butterbach statt. Register- und Satzproben wurden jedoch meistens im Wohnzimmer von Werner und Berta Lang in der Saarstraße abgehalten.

Und wenn man einmal viel Zeit hatte, gab es auch interne Aufführungen (z. B. das Septett von L. van Beethoven), denn Lange liebte es, im kleinen Kreis die Hausmusik zu pflegen.

 

Auftritte mit Herz

Vergessen darf man nicht die Auftritt bei den zahlreichen Sommerfesten des Kirchenchores zunächst bei den Barmherzigen Brüdern und später in Butterbachs Garten in Alt-Rilchingen. Das war die Gelegenheit um das zu spielen, was man im passenden Stil von einem Blasorchester erwartete.

Die typischen Märsche waren passé, dafür gab es immer noch genügend deutsche Märsche, die jedem Liebhaber das Herz höher schlagen ließen. Im Repertoire des Orchesters befand sich ein altes Heftchen von Johann Brussig, die "Prusischen Märsche" genannt, das die Hanweiler Musikanten so oft benutzten, dass es fast auseinander fiel.

Natürlich was das Orchester seit seinem Bestehen bei allen Festen der Ortsvereine, bei offiziellen Anlässen der politischen Gemeinde oder der Kirchengemeinde immer dabei. Auch bei der zünftig gefeirten Kirmes der 50-er Jahre war das Blasorchester nicht mehr wegzudenken.

Als letzter Auftritt des ersten Leiters und Dirigenten beschloss Lang vorerst seine 10-jährige Tätigkeit mit der Aufführung seiner eigenen Komposition bei der 100-Jahr-Feier, da er kurz darauf (1963) nach Sitterswald umzog. Nach diesem Zeitpunkt war Lang immer noch als Dirigent tätig, doch nur bei besonderen Anlässen, bis er schließlich wegen eines Herzinfarktes des Tackstock endgültig niederlegte.

 

Aufbaujahre

Die Nachfolger der Gründer

 

Es war ein Mann, der bereits ausgezeichnete musikalische Fähigkeiten und der fast von Angang mit dabei war:

 

Adolf Fischer *31.08.1924  -  verst. 15.02.1998

Aufgrund eines Kirchenbrandes (1954) wurden die Messfeiern und die Weihnachtsmette zu den Barmherzigen Brüdern nach Rilchingen verlegt. Wegen des Herzinfarktes von Lang übernahm Adolf Fischer ab diesem Zeitpunkt die Leitung der Kapelle. Seine Aufgabe sah er darin, das Erbe von Lang weiterzuführen, was sich besonders bei Aufführungen von Chorälen und einfachen Konzertstücken zeigt. Die orchesterführung blieb somit immer noch den Vorgaben des Gründers, Jakob Hell, treu und bevorzugte fast ausschließlich kirchliche und vereinsinterne Auftritte.

 

Toni Hell *24.03.1938 - verst. 24.09.2004

Schon bereits unter dem Dirigat von W. Lang zeichnete sich ein junger Mann mit vielseitigen Begabungen aus, sei es durch außerordentliche musikalische Fähigkeiten, aber auch mit progressiven Ideen und idealen Führungsqualitäten.

Hell wollte weg von dem spöttischen Image des "Herz-Jesu-Verein", denn so nannte man die eifrigen Musiker in manchen Kreisen. Aber auch durch Autorität wurde er sehr schnell der führende Kopf in der Sparte Orchester. Seine Stärke zeigte sich bald in einem festen Führungscharakter, der das damalige Orchester eine lange Zeit prägen sollte.

Er war sich bewusst, dass ein Orchester nur dann Bestand hat, wenn eine intensive Jugendarbeit betrieben wird. Auf sein Bestreben wurde deshalb im Jahre 1969 ein Jugendorchester gegründet, ebenso eine vereinsinterne Musikschule, der zuletzt ca. 60 bis 70 Schüler angehörten.

 

Von nun an gings bergauf

Im gleichen Jahr wagte Hell unter eigener Leitung, die erstmalige Teilnahme am Wertungsspiel des Bundes Saarländischer Musikvereine und erreichte auf Anhieb das beste Prädikat.

Das Orchester wuchs und die Anforderungen wurden größer. Es wurden Schlagzeug und neue Instrumente angeschafft. Die Musiksparte kostete den kath. Kirchenchor immer mehr Geld. zur Entlastung des Kirchenchorkasse wurde deshalb eine eigene Orchesterkasse angelegt. Um Geld in die Kasse zu bringen, musste fleißig gearbeitet werden. Da man am ehesten durch Tanzmusik zu Geld kommen konnte, beschloss man, bei bestimmten Anlässen zum Tanz zu spielem. Bei den Fastnachtsveranstaltungen im Saale Schreiber (Zum weißen Rössel) oder z. B. in der Festhalle Güdingen waren 7 bis 8 Stunden Stimmungs- und Tanzmusik ein hartes Brot.

 

Neuzeit für das Orchester

Mit kontinuierlicher Durchsetzungskraft steuerte Toni Hell zu noch Höherem, nämlich die Einordnung seines Orchesters in die höchste Bewertungsstufe für Amateurmusik: der Kunst- oder Höchststufe.

Diesen Kraftakt konnte er nur bewältigen, wenn an der Orchesterspitze ein Berufsmusiker als Dirigent eingesetzt werden konnte. Mit der Einstellung des neuen Dirigenten, Werner Grabsch, am 26.03.1971, übersprangen die Musiker eine volle Bewertungskategorie und spielten im gleichen Jahr in der Oberstufe.

Am 28.11.1971 erreichte W. Grabsch mit dem Orchester - im kath. Kirchenchor - 118 Punkte, das heißt: einen 1. Rang mit Auszeichnung. Aber auch das Jugendorchester unter der Leitung von Toni Hell erreichete das gleiche Prädikat mit 116 Punkten.

Mit der Einführung eines alljährlichen Konzertes "Klingende Maibowle" setzten die Musiker einen dominanten Meilenstein, nicht nur in der Geschichte des Orchesters, sondern weit über die Grenzen der Gemeinde hinaus.

Dies war nur möglich mit einer konstruktiven Zusammenarbeit des Dirigenten Grabsch, der aus der Theaterbranche kam, sowie mit Toni Hell.

 

 

Gründung des eigenständigen Vereins

Blasorchester Rilchingen-Hanweiler e. V.

Im Jahr 1975 stand  dem Orchester Großes bevor: Eine Konzertreise durch Kanada und die USA. An dieser Reise sollte die Weiterführung des Dirigats von Werner Grabsch scheitern. Jetzt musste schnellstmöglich in neuer Leiter gefunden werden.

 

Am 5. Oktober 1974 wurde der neue Dirigent eingeführt:

Heinz Pfaff

Die geplante Reise schien für den kath. Kirchenchor mehr als ein Wagnis zu sein. Demnach trennte man sich (einvernehmlich) in einer Mitgliederversammlung am 17. Nov. 1974.

Kurz darauf, am 19. Jan. 1975, fand die Gründungsversammlung des zukünftigen, eigenständigen Vereins statt. Der Weg für große Vorhaben - in eigener Verantwortung - war jetzt frei geworden.

Unter Heinz Pfaff erfuhr der neue Verein mit seinen 50 Musikerinnen und Musikern den größten Aufschwung seiner Geschichte.

Die unzähligen Auftritte, Konzertreisen, hohe Wettbewerbs- und Kulturpreise vermögen nicht das wiederzugeben, was dieser Dirigent dem Orchester an Qualität und Musizieren in Vollkommenheit übermitteln konnte.

 

Weltreisen und große Feste

Bereits im gleichen Jahr, in dem die Vereinsgründung stattfand, trat man im Juli die erste Amerika-Konzertreise nach USA und Kanada an. Eine "Fahrt über den großen Teich" war zu dieser Zeit schon etwas Außergewöhnliches und so wurde diese Reise für die Musikerinnen und Musiker zu einem besonderen Erlebnis. Eine überwältigenden Erfolg erzielte das Blasorcheser Rilchingen-Hanweiler, von den Amerikanern und Kanadiern wegen der Ausspracheschwierigkeiten in "Hanweiler Saar Band" umgetauft, beim ersten Konzert in Hamilton (Kanada). Hier spielte das Orchester in einem Park vor etwas 9000 begeisteren Zuhörern, darunter viele Deutsch-Kanadier, die für dieses Konzert von weither angereist kamen.

"Muntere Blasmusik beherrschte vier Tage lang den Ortsteil Rilchingen-Hanweiler". Dies war eine Schlagzeile der Saarbrücker Zeitung im Sommer 1977, in dem das "Saarländische Musik-Volksfest" zum 25 jährigen Bestehen des Orchesters stattfand. In einem 2000 Personenzelt wurde vier Tage auf dem Kettlergelände gefeiert. Über 40 Blasorchester und Musikzüge folgten der Einladung nach Rilchingen-Hanweiler.

Im Rahmen einer langjährigen bestehenden deutsch portugiesischen Jugendbegegnung wurde das Orchester 1979 als Delegation zu einer 14-tägigen Konzertreise nach Portugal eingeladen.

 

Wertungsspiele und Auszeichnungen

Die nächsten Jahre wurden von Erfolgen bei Wertungsspielen und einigen Konzertreisen geprägt, die das Orchester unternahm. Mit dem Dirigenten Heinz Pfaff schaffte das Orchester 1981 bei den Wertungsspielen den Sprung von der Oberstufe in die Höchststufe. Zu den zwei weiteren Amerika-Konzertreisen, die 1981 und 1985 stattfanden, kamen noch zwei Teilnahmen bei Wertungsspielen 1983 und 1991 in Hamar (Norwegen).

Eine besondere Ehre kam dem Orchester zuteil, als es 1983 zusammen mit dem mittlerweile weltbekannten saarländischen Cellisten Gustav Rivinius, den erstmal vergebenen Förderpreis Musik vom Sparkassen- und Giroverband Saar überreicht bekam.

 

Berlin, Europas Kulturhauptstadt 1988, war Austragungsort des 2. Deutschen Laienorchester-Wettbewerbs. Das Orchester unter der Leitung von Heiz Pfaff erreichte in der Leistungsstufe 1 die höchste Punktwertung und kehrte als Bundessieger an die Saar zurück.

Diese hohe Auszeichnung ermöglichte dem Orchester zwei Jahre später, nämlich 1990, eine Konzertreise nach Namibia im Auftrag der Bundesregierung. Es war eine Ehre für die Orchestermitglieder, an der musikalischen Gestaltung der Unabhängigkeitsfeier teilzunehmen.

Den Erfolg von Berlin 1988 konnte man wiederholen und unter der Leitung von Manfred Neumann ging das Orchester 1992 erneut in Goslar beim 3. Deutschen Orchester-Wettbewerb als Bundessieger hervor.

Bei den vielen Auslandsreisen, die das Orchester in diesen Jahren antrat und auch den zahlreichen Gastbesuchen aus Übersee, wurde der lange Vereinsname Symphonisches Blasorchester Rilchingen-Hanweiler immer wieder zum "sprachlichen Stolperstein" unserer Gastgeber bzw. Gäste. Daraufhin hatte man im Jahr 1993 beschlossen, das große Orchester des Vereins in Saar Wind Orchestra umzubenennen.

In den Jaren 1995/1996 wurden unter dem Dirigenten Manfred Neumann zwei CD-Produktionen durchgeführt. Zusammen mit dem Pianisten Wolfram Schmitt-Leonardy wurde "Rhapsody in Blue" aufgenommen und mit "Masterworks" entstand eine CD mit sechs Meisterwerken der symphonischen Blasmusik, darunter vier europäische Ersteinspielungen.